Trauma als ein Prozess des Erlebens betrifft den gesamten Menschen, sein Körper, seine Gefühle, sein Denken, seine Beziehungen und Beziehungsfähigkeit. Dieser Prozess vollzieht sich auch als biologisch-neuronaler Prozess im Gehirn. Dort gibt es ein bestimmtes Teilsystem, die Amygdala, die als besonderer Schutzmechanismus das Überleben des Menschen in existenziell bedrohlichen Situationen sichern soll. Alle im Gehirn und in den anderen Bereichen des Menschen eingehenden Informationen werden daraufhin überprüft, ob sie existenziell bedrohlich sein können. Werden sie über die Amygdala als existenziell bedrohlich eingestuft, tritt ein automatisches Notfallprogramm in Gang. Im vegetativen Nervensystem wird ein Alarm-Stress-Modus aktiviert, der früher dazu diente, vor Feinden wie Säbelzahntigern oder Mammuts zu fliehen oder mit ihnen zu kämpfen.
Das, was für die traumatisierten Menschen als Schutzreaktion angelegt war, wurde dann zu einer andauernden Belastung. Hinzu kam und kommt, dass jedes Traumaereignis die Amygdala in besonderer Weise auf Dauer aktiviert. Jede neue Erfahrung wird daraufhin „abgeklopft“, ob sie möglicherweise wieder zu einem traumatischen Erlebnis und damit zu einer existenziell bedrohlichen Situation führen kann. Diese Hab-Acht-Stellung kann traumatisierte Menschen ihr Leben lang begleiten, mit Ängsten, mit Hocherregung, mit Misstrauen und vielen anderem mehr. Sie laufen auf „Hochtouren“, manchmal bis zur völligen Erschöpfung.
Deswegen sind die Traumaflolgen so langwerig, weil sie das Gedächtnis des Erlebens im „Leibgedächtnis“ als Traumagedächtnis besonders nachhaltig wirksam ist.